Der folgende Text stammt von Jan Bojaryn und wurde von mir (Jens Bojaryn) um einige Absätze erweitert. Du kannst ihn lesen, wenn Du Dich näher für das im Spiel vorgestellte Volk der Borinoi interessierst. Über die Borinoi Die Borinoi leben weit im Westen des alten Landes, noch hinter Fioduks Wall, den sie einfach "die Berge im Osten" nennen. Abgeschieden vom Rest der Welt sind sie in Dorfgemeinschaften organisiert, deren Beziehungen kaum weiter reichen als bis zum Nachbarort des Nachbarortes. Borinoi sind, gemessen an Natanern, klein, denn sie werden nicht einmal eineinhalb Schritt groß und haben eine sehr gedrungene Statur. Vier von fünf Borinoi sind männlich. Alle Borinoi können bei Dämmerlicht noch fast so gut sehen wie am Tage und sogar Farben voneinander unterscheiden. "Blind wie ein Nataner" ist ein geflügeltes Wort in Dörfern, die nahe bei den Bergen liegen. Dafür hören sie nicht ganz so gut. Die Borinoi sind ein Volk, daß viele Sitten und Bräuche kennt. Diese Sitten kennen jedoch in jedem Dorf andere Interpretationen, Varianten und Ursprünge. Häufig messen sich die Männer in den verschiedensten Dingen. Der Bauer mit der größten Kuh kann ebenso stolz sein wie der mit den dicksten Kartoffeln, dem besten Bier, dem schönsten Haus, oder den flinksten Beinen. Um diese Wettbewerbe werden gern Feste veranstaltet, zu denen oft ein Festtagsschnaps getrunken wird, der wohl in jedem Dorf einen anderen Namen hat. Oft heißt er Primas, Prümchen, Prommel, oder ähnlich. Diese Schnäpse gehören wohl zu den wenigen Getränken, die einen gestandenen Borinoi umzuhauen vermögen; Bier ist dagegen Alltagsgetränk, daß von früh bis spät in großen Mengen konsumiert wird und anscheinend keine negativen Auswirkungen mit sich bringt. Selbst mit dem stärksten Gift ist es nicht möglich, einen Borinoi zu betäuben (wohl aber zu töten). Bewußtlosigkeit ist ein Zustand, den sie nur aus Geschichten über Nataner kennen. Idealvorstellung der Borinoi ist es, daß in jedem Dorf alles vorhanden ist, was 'benötigt wird', sprich: Ein Hufschmied, ein Tischler, ein Medikus, usw. Natürlich funktioniert das längst nicht immer, und groß ist die Trauer, wenn eine Familie mit traditionellem Handwerk durch den Mangel an Frauen ausstirbt. In der Regel wird das Anwesen dann an einen Junggesellen vergeben, der so das Recht zur Heirat erwerben kann. Heiraten darf nur, wer einen Beruf auf eigenem Anwesen ein Jahr und einen Tag lang geführt hat. Väter geben meist den Söhnen, sobald sie das Alter von 20 (also die Volljährigkeit) erlangt haben, das Anwesen zum Besitz. So bleiben die Chancen auf eine Ehefrau möglichst groß. Das Heiraten ist immer ein großes Thema in den Siedlungen der Borinoi. In den Tavernen, von denen jedes Dorf mindestens eine besitzen muß, um überhaupt Dorf genannt zu werden, kursieren täglich die Gerüchte um die neuen Vorlieben bestimmter Jungfrauen, und jeder möchte sich die meisten Chancen ausrechnen. So gesellig dieser Wettbewerb hier noch aussieht, so verbissen kann er zuweilen werden. Jeder Mann hat das Recht auf drei sogenannte 'Werben'. Ist auch die dritte Werbe erfolglos, so bleibt für den Erhalt einer Familie die Hoffnung auf die anderen Söhne. Der Junggeselle dagegen wird sich wohl oder übel mit einem Leben in Einsam- und Enthaltsamkeit abfinden müssen. Mancher Mann kommt damit nicht zurecht und zieht in die Ferne oder wählt sogar den Freitod. Gang und Gäbe ist es aber, daß Alleingebliebene Unterschlupf bei ihren erfolgreichen Geschwistern finden. In Siedlungen der Borinoi gibt es übrigens keine Bordelle. Keine Frau hätte es nötig, sich zu verkaufen, und offensichtlich will auch keine. Ein offenes Geheimnis ist es dagegen, daß insbesondere Händler der Borinoi, so sie finanziell erfolgreich sind, schnell zu Stammkunden in Bordellen werden. Um die Anzahl der Werben wird immer wieder diskutiert. Viele Borinoi (insbesondere die Reichen und Attraktiven) sind der Meinung, daß es unglaubwürdig sei, mehr als eine Werbe zu führen. Tatsächlich kommt der Eine oder Andere ins Schwimmen, wenn er zu erläutern versucht, wie er gleich dreimal hintereinander die große, ewigwährende Liebe finden konnte. Borinoifrauen werden geachtet, ja verehrt. Jede physische Verunstaltung weiß der geübte Beobachter als eigene Schönheit, jede mürrische Laune als Charakterstärke zu werten. Demzufolge gibt es viele Frauen unter den Borinoi, die ein sehr herrisches Verhalten an den Tag legen. Die Frauen müssen nicht arbeiten. Tun sie es doch, dann meist eher als ein Steckenpferd. Weit verbreitet sind Stricken, weben, und die Buchführung eines Hofes. Fast alle Frauen hassen dagegen mühsame Arbeiten, kochen und Verkaufstätigkeiten. Aus altüberlieferter Tradition machen sich die Borinoi keine Gedanken um Religion, ein Leben nach dem Tod, einen Sinn des Lebens oder dergleichen. Unerklärliche Dinge kann man nicht erklären, und wer sich zuviel Gedanken um so etwas macht, kann womöglich sein Familie nicht mehr ernähren vor lauter Grübelei. Die Toten sieht man als verloren an, und macht demzufolge mit den Leichen nichts, als sie loszuwerden. Häufig werden sie verbrannt. Vor ca. zweihundert Jahren gab es eine (heute fast vergessene) Bewegung junger Männer, die von ihrem Volk forderten, sich den Fragen nach dem Sinn des Lebens, nach Gott oder Göttern zu stellen. Diese Bewegung wurde von den Älteren mit einer Mischung aus Ignoranz und selten auch Aggressivität bedacht, bis sich die Rebellion im Sande verlief. Die genauen Begebenheiten dieser Rebellion scheinen vergessen. Der allumfassende Druck auf junge Borinoi, die solche Fragen stellen, scheint auch heute noch vielen seltsam und organisiert, doch kein Fall ist bekannt, in dem ein Borinoi sich nicht irgendwann selbst der Meinung angenommen hätte, daß derlei Fragen nichts bringen. So ist es kein Wunder, daß Tavernen alle gesellschaftlichen Funktionen auf sich vereinen. Marktplätze gibt es nicht. Der Rat wird von den Weisen des Dorfes gehalten, also von Borinoi, die das hundertste Lebensjahr überschritten haben – Borinoi werden im Alter nicht senil. Wer Interesse hat, darf stumm bei den monatlichen Sitzungen zuschauen, in denen Fragen des alltäglichen Nutzens geklärt werden. Beschlüsse werden mündlich überliefert. Bei Abstimmungen des Rats gelten die Stimmen von Frauen dreifach, männliche einfach. Ebenso wird es gehalten, wenn einmal das ganze Dorf abstimmen muß. Solche Abstimmungen sind sehr selten. Sie erfolgen nur bei Fragen, die das Schicksal eine Dorfes bestimmen können, und bei der Wahl von Landesältesten. Abgestimmt wird per Handzeichen in der Taverne. Wer bei der Abstimmung Daheimgebliebene vertritt, muß statt einer Hand die entsprechende Zahl von Fingern hochhalten. (Frauen halten also drei Finger in die Höhe.) Es wird davon ausgegangen, daß alle im Dorf ehrlich und nach bestem Gewissen handeln. Bedingt durch die Übersichtlichkeit eines Dorfes fallen Ausnahmen auch schnell auf. Fremden gegenüber sind Borinoi sehr mißtrauisch. Sie wissen, daß die Nataner mit bösen Dingen wie Magie hantieren, und es gibt überlieferte Geschichten, die davon erzählen, wie sie mit Hilfe dieser üblen Gabe das Volk der Nirinen zu ihren Sklaven machten. Verbrechen sind Borinoi weitgehend fremd. Dadurch unterscheiden sie sich deutlich von anderen Völkern, die ihrer Meinung nach den ganzen Tag lang nur mit Mord und Totschlag beschäftigt sind.